Sie sind – noch immer – die stillen Wasser der Freiburger Wohnungswirtschaft, die Baugenossenschaften Bauverein, Familienheim und Heimbau. Während die Stadtbau als kommunales Wohnungsunternehmen und die privaten Bauträger oft für mediales Getöse sorgen, werkeln die Genossen eher unauffällig vor sich hin. Dennoch stehen die Beitrittswilligen Schlange. Welche tief greifenden Auswirkungen ihr Tun auf Wohnungsmarkt und Wirtschaft in der Region hat, erklärten die drei Genossenschaften am Donnerstag im Historischen Kaufhaus.
Dass das Interesse an den Baugenossenschaften derzeit groß ist, zeigte sich nicht zuletzt auch am Besucherandrang bei der Infoveranstaltung: Mit schätzungsweise 400 Zuhörern war das Historische Kaufhaus voll besetzt. Wie bruchstückhaft andererseits das Wissen über die Baugenossenschaften und ihre Funktionsweise in weiten Teilen der Bevölkerung ist, verdeutlichte eine entsprechende Passantenumfrage, die am Donnerstag als Video vorgeführt wurde. Die wenigsten Befragten kamen mit ihren Mutmaßungen der Wirklichkeit auch nur nahe.
Dabei ist das Grundprinizip der Baugenossenschaften simpel: Menschen legen Geld zusammen – in Form der Genossenschaftsanteile – und sorgen so für das nötige Eigenkapital, um Wohnungen zu bauen, worin sie dann selbst als Mieter einziehen. Oder anders gesagt: Die Bewohner von Baugenossenschaftsimmobilien sind Mieter und Vermieter zugleich.
Dieses System bringt Vorteile mit sich: Die Bewohner haben lebenslanges Wohnrecht – Eigenbedarf-Kündigungen gibt es nicht. Außerdem müssen die Baugenossenschaften keine Gewinne erzielen, was die Mieten relativ günstig macht. Die Durchschnittsmiete bei den Freiburger Baugenossenschaften liegt bei 5,38 Euro pro Quadratmeter. Zum Vergleich: Der städtische Mietspiegel sieht 6,91 Euro vor. Das sorgt für Andrang. „Wir nehmen jeden Tag zwei neue Mitglieder auf“, sagte Bauverein-Chef Reinhard Disch. Bei der Heimbau wächst die Mitgliederzahl jährlich um 200.
„Weil die Genossenschaften nicht auf Rendite aus sind, wirken sie auch im Gesamtmarkt Mietsteigerungen entgegen“, erklärte am Donnerstag Gastreferent Volker Eichener, Professor an der Uni Bochum und Experte für die Wohnungswirtschaft. Doch auch die Wartelisten für Wohnungen sind lang. Beim Bauverein warten knapp 1000 Mitglieder, bis etwas Passendes frei wird.
Beim Bauverein und der Familienheim können Mitglieder auch Geld sparen. Die Spareinlagen, zusammen rund 63 Millionen Euro, gehen ausschließlich in die Immobilien. „Das ist angesichts der Finanzkrise für viele ein sicherer Hafen“, sagt Familienheim-Vorstand Werner Eickhoff.
Nicht zuletzt kurbeln die Baugenossenschaften auch die regionale Bauwirtschaft an. Im Schnitt investierten sie zuletzt 30 Millionen Euro pro Jahr in Sanierungen und Neubauten. Und sie geben zusammen knapp 120 Menschen Arbeit.
Baugenossenschaften im Vergleich
Der Bauverein Breisgau (www.bauverein-breisgau.de) wurde am 18. Februar 1899 gegründet. Er ist die größte der drei Freiburger Baugenossenschaften und zählt etwa 14900 Mitglieder. Er verfügt über rund 5000 eigene Wohnungen und verwaltet 3400 weitere. Die Einlagen der Mitglieder in der Bauverein-Spareinrichtung betragen rund 50 Millionen Euro. Ein Genossenschaftsanteil kostet 310 Euro. Reinhard Disch sagt beim Bauverein Breisgau, wo’s lang geht.
Die Familienheim Freiburg (www.familienheim-freiburg.de) wurde am 23. Januar 1930 ins Leben gerufen. Sie hat 5100 Mitglieder, verfügt über 2800 Wohnungen und verwaltet 160 weitere. Die Spareinrichtung hat ein Volumen von etwa 13 Millionen Euro. Genossenschaftsanteil:105 Euro. Werner Eickhoff lenkt die Geschicke der Familienheim Freiburg.
Die Heimbau Freiburg-Teningen (www.heimbau-breisgau.de) existiert seit dem 22. Mai 1919. Sie zählt 2100 Mitglieder, besitzt 1100 Wohnungen und verwaltet 400 weitere. Genossenschaftsanteil: 325 Euro. Martin Weiner ist der Chef bei der Heimbau Freiburg-Teningen.